Vor 950 Jahren rastet späterer Kaiser Heinrich IV in Grebenau

Grebenau feiert Jubiläum aus kaiserlich-königlichem Anlass: Festwochenende am 9. und 10. September mit buntem Markttreiben und Tanz, Gesang und Musik auf der Bühne.

Foto: Christian Dickel (Oberhessische Zeitung)

GREBENAU. Passend zu den anstehenden Feierlichkeiten liegt der Duft von Bratwurst am Montagabend bereits in der Luft. Am Grill vor dem Sportheim steht Carsten Montanus gemeinsam mit anderen Feuerwehrleuten. Gleich 120 Würstchen haben sie in Windeseile organisiert und aufgelegt. Nach  dem Dachstuhlbrand am Montagmittag in Grebenaus Stadtmitte steht spontan die Verköstigung für die rund 100 Brandschützer aller Gründchen Wehren und den Einsatzkräften aus Alsfeld und Lauterbach nach erfolgreichem Einsatz an. Ehrensache für den Vorsitzenden des Feuerwehrvereins und des Sportvereins in Personalunion.

Da muss die geplante Vorstellung der großen Jubiläumsfeier zum 950-jährigen Bestehen Grebenaus ein paar wenige Minuten warten. Als Pfarrer Toralf Kretschmer eintrifft, sind die Ereignisse des Nachmittags auch erst einmal Thema. Denn Kretschmer hielt zur gleichen Zeit unweit der Brandstelle eine Trauerfeier auf dem Friedhof, eine zusätzlich beklemmende Situation für die Trauergemeinde.

Am Abend ist die Stimmung gelöst, schließlich gab es bei dem Großbrand keine Verletzten. Dementsprechend stellen die beiden wenige Augenblicke später gemeinsam mit Ortsvorsteherin Renate Herrmann und Bürgermeister Lars Wicke das Festprogramm und die "Gründungsgeschichte" in lockerer Runde vor.

Wicke stellte voran, dass man das 950-jährige Jubiläum gerne feiern möchte, weil viele der Beteiligten die 1000 Jahrfeier wohl nicht mehr erleben werden. Daher treffe sich schon seit vergangenem Jahr ein Festausschuss mit etwa 20 Beteiligten. Geplant habe man dennoch ganz bewusst, die Feierlichkeiten auf ein Wochenende zu konzentrieren. Zusätzlich seien noch zwei kulturelle Veranstaltungen im späteren Jahresverlauf hinzugekommen.

 

Konzentrieren soll sich die Feier rund um die Johanniterhalle und Amthof am Festplatz insbesondere auf den 10. September. Dort ist eine Festmeile mit 50 bis 60 Marktständen und einem umfangreichen Bühnenprogramm ab 11 Uhr vorgesehen. Beispielsweise erwarten die Besucher zahlreiche Attraktionen für Kinder und eine Oldtimerausstellung mit Prämierung. Präsentieren werden sich auf der Bühne vor allem die Grebenauer Vereine und weitere Kulturträger mit Musik, Tanz, Gesang und vielleicht einer Theateraufführung. Zudem beginnt der Festsonntag um 10 Uhr mit einem Gottesdienst in der Stadtkirche mit dem Chor Jubilate. Die Feierlichkeiten werden bereits am 9. September ab 19 Uhr in der Johanniterhalle mit einem Kommersabend eingeläutet. Für musikalische Umrahmung sorgt dort der evangelische Posaunenchor Grebenau.

Zum Festprogramm im Jahreskalender sind noch ein Konzert am 17. September um 17 Uhr und eine Lesung am 16. Oktober um 19 Uhr hinzugekommen. Damit sollen zwei aus Grebenau stammende gewürdigt werden. Das Jubiläumskonzert ist dem Grebenauer Komponisten Wilhelm Walther gewidmet. Dieser wurde in Grebenau geboren, zog aber schon in seiner Kindheit mit seinen Eltern nach Darmstadt. In seiner Geburtsstadt spielt das Klavierduo Hayashizaki/Hagemann aus Tübingen nun dessen Werke. Walther war Christ, legte sich aber mit dem NS-Regime an und wurde im Jahr 1940 im österreichischen Konzentrationslager Mauthausen umgebracht. Mit dem Konzert soll an einen eher unbekannten Sohn der Stadt erinnert werden. Das Konzert findet an seinem Taufort in der Kirche statt.

Die Jubiläumslesung am 16. Oktober dreht sich dann um den ehemaligen jüdischen Volksschullehrer Heinrich Lichtenstein. Dieser lehrte etwa 20 Jahre in Grebenau jüdische und christliche Kinder, zog im Jahr 1930 nach Offenbach und emigrierte später in die USA. Dort berichtete er über sein Leben vor und nach der Machtergreifung, worüber ein Buch verfasst wurde. Zudem hat die Grebenauer Stadtarchivarin Kontakt zu einem ehemaligen Schüler von Lichtenstein hergestellt, der wenn möglich, aus Los Angeles zugeschaltet werden soll.

 

Ersterwähnung 1073

Stolz sind die Grebenauer auf ihre geschichtliche Ersterwähnung. Schließlich handelt es sich dabei nicht um eine Urkunde mit einer Schenkung oder Ähnliches, sondern um ein historisches Ereignis, das in einem mittelalterlichen Geschichtswerk festgehalten wurde. Denn Kaiser Heinrich IV (damals noch römisch-deutscher König) machte im Jahr 1073 auf dem Weg nach Bad Hersfeld mit seinem Gefolge Halt in Grebenau. Damit dies überhaupt möglich war, gehe man heute davon aus, dass das Dorf oder die Siedlung zu dieser Zeit um die 100 Einwohner gehabt haben muss, damit überhaupt die Möglichkeit für eine Übernachtung für einen königlichen Hofstaat bestand, erklärt Lars Wicke. Heinrich IV sei damals auf der Flucht nach einer Auseinandersetzung mit den aufständischen (Nieder)-Sachsen gewesen und sei um eine Koalition zu gründen, den Reichsfürsten von Mainz entgegengeritten, führte Kretschmer aus. Die Ereignisse habe Lampert von Hersfeld als direkter Zeitzeuge damals niedergeschrieben. Dieser gelte als seriöse Quelle. Damals sei allerdings von Capella die Rede gewesen und nicht von Grebenau. Dass es sich um den Vorgängernamen der Stadt (Ortschaft) handele, gelte aber als unbestritten. Denn in späteren Urkunden schwanke der Name stets zwischen Capella und Grebenau. Selbst im Jahr 1527 sei noch teilweise von Capella die Rede gewesen. Dass aus Capella schließlich Grebenau wurde, hänge wahrscheinlich mit der ehemaligen Wasserburg zusammen, wo heute der Amthof stehe. Die Wasserburg habe den Grafen von Ziegenhain gehört und wohl den Namen Grafenau gehabt, woraus schließlich Grebenau geworden sei.

Quelle: Oberhessische Zeitung

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